Gleich zwei für die familienpolitische Gesetzgebung verantwortliche
Bundestagsabgeordnete waren am 2. April 2009 im Kelheimer
Aukoferbräu zum familienpolitischen Gespräch mit dem Kreisverband der
Frauen-Union und Gästen, u.a. dem CSU-Ortsvorsitzenden Raimund Fries
und der
Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Gabi Schmid geladen. Der
Stimmkreisabgeordnete Dr. Wolfgang Götzer als Justiziar der
CDU/CSU-Fraktion und Johannes Singhammer aus München, der für die
Veranstaltung sogar auf die Teilnahme am Salvatoranstich auf dem
Nockherberg verzichtet hatte, als ihr familienpolitischer Sprecher
waren maßgeblich an der Neufassung des Unterhaltsrechts beteiligt und
bemühten sich, noch vor der Bundestagswahl eine Neuregelung der
Spätabtreibung mit einem parteiübergreifenden Gruppenantrag zu
erreichen, der hauptsächlich von Singhammer initiiert wurde und den
auch die ehemalige Familienministerin Renate Schmidt (SPD)
unterstützt [1]. Mit diesen beiden Themen beschäftigt
sich die Kreis-FU seit letztem Jahr. Gerne wurde deshalb die
Möglichkeit genutzt, nach einer kurzen Einführung durch Wolfgang
Götzer und Johannes Singhammer in einen intensiven Meinungsaustausch
einzutreten und den beiden Politikern die insgesamt recht
differenzierten Ansichten und Anliegen der Anwesenden dazu zu
übermitteln.
[1] Inzwischen ist dieser Gesetzentwurf fast unverändert verabschiedet worden.
Dass nun die Unterhaltsansprüche aller ehelichen und nichtehelichen
Kinder gleichberechtigt an erster Stelle stehen, wurde von allen als
Fortschritt angesehen. Kontrovers diskutiert wurde dagegen die
Dreijahresgrenze des Kindes für den Betreuungsunterhalt des
betreuenden Elternteils, also meist der Mutter. Singhammer und Götzer
zeigten auf, dass im Einzelfall die Unterhaltspflicht auch über das
dritte Lebensjahr des Kindes hinaus verlängert werden könne, wenn es
das Wohl des Kindes oder eine fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit
erforderlich mache, dass sie zu Hause bleibe, auch, dass eine Frau
nicht ohne weiteres sofort zu einer Berufstätigkeit gezwungen werden
könne, wenn vorher zwischen den Ehepartnern eine traditionelle
Rollenverteilung vereinbart wurde. Auch die beiden bisher gefällten
Grundsatzurteile des BGH orientierten sich an diesen differenzierten
Vorgaben. ýOhne die CSU gäbe es diese Klauseln nichtý, betonten die
Abgeordneten. Trotzdem wurde im Gespräch die Vermutung laut, dass die
generelle Herabsetzung der Altersgrenze für den Betreuungsunterhalt
von bisher acht auf drei Jahre den Trend zur raschen Rückkehr in den
Beruf und damit zur Betreuung außerhalb der Familie verstärken
werde. Auch wurde von einer Krankenschwester berichtet, deren
Unterhalt für die Betreuung ihres dreijährigen Kindes gestrichen
wurde, obwohl für sie wegen des Schichtdienstes ein
Ganztagskindergarten nicht ausreicht. Sie könne es sich offenbar
nicht leisten, durch alle Instanzen der Rechtsprechung zu
gehen. Ebenso dürfte die Vorstellung, dass nach der jetzigen
Rechtslage die Unterhaltsansprüche einer langjährigen Ehefrau mit
größeren Kindern, die ihrem Partner den Rücken für seine Karriere
freigehalten hat, wohl hinter denen einer flüchtigen Bekannten mit
einem unter dreijährigen Kind zurückstehen müssten, junge Frauen kaum
dazu einladen, sich auf ein Familienleben nach altem Muster
einzulassen. Soll man diese faktische Einschränkung der Wahlfreiheit
beklagen oder als emanzipatorischen Fortschritt begrüßen? Diese Frage
wurde aus der Perspektive der verschiedenen persönlichen Erfahrungen
kontrovers beantwortet. Einig waren sich aber alle, dass der
flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten weiter
voranzutreiben sei. Dabei solle aber der Wert der Familienerziehung
nicht missachtet werden und die Politik solle mehr für die Stärkung
der Erziehungskompetenz in den Familien sorgen. Keine Partei stärke
die Familien und würdige ihre Erziehungsleistung so wie die CSU,
erklärten die Abgeordneten. Sie habe z.B. das Elterngeld durchgesetzt
und werde sich auch darum bemühen, dass es früher als geplant
eingeführt werde.
In der Diskussion über die Spätabtreibung betonten die FU-Frauen
besonders die Notwendigkeit einer besseren Unterstützung der
Schwangeren, die mit der Diagnose einer schweren Krankheit oder
Behinderung ihres Kindes konfrontiert werden. Sie dürften in dieser
Situation bei der Entscheidungsfindung nicht allein gelassen
werden. Daher müssten ein Beratungsangebot und ein Hinweis auf
psychosoziale Hilfen durch den Arzt gewährleistet sein. Auch eine
dreitägige Bedenkzeit wurde als hilfreich angesehen. So würden die
Chancen verbessert, dass Schwangere sich doch den Belastungen
gewachsen fühlen und ihr Kind austragen. Die von Johannes Singhammer
vorgestellte von CDU/CSU- und einigen SPD-Mitgliedern unterstützte
Gesetzesinitiative fand allgemeine Zustimmung, da sie von den drei
vorliegenden am ehesten die Zahl der Abtreibungen von Kindern
verringern kann, die außerhalb des Mutterleibes lebensfähig
sind. Allerdings wurde kritisch angemerkt, dass die meisten schweren
Behinderungen erst im Zusammenhang mit der Geburt erfolgen und dass in
diesen Fällen - anders als bei einer kurz vor der Entbindung
festgestellten Behinderung eines bereits lebensfähigen Kindes - die
Frage nicht gestellt würde, ob die Mütter physisch und psychisch mit
den Belastungen fertig würden, die das behinderte Kind verursacht.
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