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"Impfen - Pro und Kontra. Was der Experte empfiehlt" mit Prof. Dr. med Wolfgang Jilg vom Universitätsklinikum Regensburg

Informationsveranstaltung mit Diskussion des FU-Kreisverbands in Kooperation mit dem KDFB und dem Ärztlichen Kreisverband


Die Gesundheitsgespräche der FU waren schon immer gut besucht, aber die Informationsveranstaltung zum Thema Impfen brach alle Rekorde: Der geräumige Saal des Gasthofs Frischeisen in Kelheim- Affecking war bis auf den letzten Platz besetzt. Es hat sich also als richtig erwiesen, zusätzlich zum Ärztlichen Kreisverband, mit dem wir ja schon öfter eine gemeinsame Veranstaltung organisiert haben, auch den Katholischen Frauenbund mit ins Boot zu holen. Eine große Anziehungskraft hat natürlich auch der Referent ausgeübt: Unserem Kooperationspartner Dr. Karl Friedrich Seidl, dem Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes, war es gelungen, mit dem vor kurzem emeritierten Professor für Mikrobiologie und Hygiene Dr. med. Wolfgang Jilg einen namhaften Experten, gewissermaßen den "Impfpapst" zu gewinnen, der u.a. auch die Bundesregierung berät. Photo DSC03839k So hatten sich neben Mitgliedern von FU und Frauenbund aus Kelheim und Umgebung und vielen sonstigen interessierten Laien auch eine ganze Reihe von Ärzten und auch Medizinstudenten eingefunden, darunter der Leiter der Gesundheitsabteilung des Landratsamtes Dr. Werner, der stellvertretende Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes Dr. Stiegler, sowie Kinderärztinnen und Internisten, was die Diskussion deutlich belebte, ohne dass die Nicht-Fachleute mit ihren Fragen zu kurz kamen. Die FU-Kreisvorsitzende hatte Dr. Seidls Plan, die für ein unkundiges Publikum gedachte Informationsveranstaltung auch als Fortbildungsveranstaltung für Ärzte vorzusehen, mit großer Skepsis betrachtet, aber Professor Jilg gelang es vorzüglich, beides unter einen Hut zu bringen: Sein bildgestützter Vortrag war so klar strukturiert, allgemein verständlich formuliert und anschaulich, dass alle gut folgen konnten, aber er stieg tief in die Materie ein, seine Ausführungen waren umfassend und differenziert und er stützte seine Argumente immer mit Belegen, meist Statistiken. So dürften sich auch die Ärzte nicht gelangweilt haben.

Photo DSC03832k Referent und Veranstaltern war es ein Anliegen, dass auch die Impfgegner angemessen zu Wort kommen müssten. Trotzdem merkte man natürlich bald, dass Professor Jilg kein Impfgegner ist - und mit seinen Argumenten konnte er sicher auch manche Skeptiker überzeugen. Als erstes belegte er anhand von Statistiken den Zusammenhang zwischen Impfung und beispielsweise der Ausrottung der Pocken sowie dem raschen Rückgang der Kinderlähmung seit Einführung der Schluckimpfung 1961 von 8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner in Deutschland 1960 auf 0,5 im Folgejahr und danach dem so gut wie völligen Verschwinden. Er stellte anschaulich die Herdenimmunität dar, die in allen Fällen, wo eine Übertragung der Krankheit nur von Mensch zu Mensch erfolgt, ab einem bestimmten Durchimpfungsgrad auch nicht Geimpfte vor der Infektion schützt. Dann setzte er sich mit den Argumenten der Impfgegner auseinander:

1. Argument: Wozu impfen, wenn die Krankheit schon ausgerottet ist? Antwort: Infektionskrankheiten sind nur scheinbar ausgerottet; wenn die Impfungsrate den Schwellenwert für die Herdenimmunität unterschreitet, flackert die Erkrankung wieder auf.
2. Argument: Gegen harmlose Kinderkrankheiten muss man doch nicht impfen! Antwort: In den meisten Fällen verlaufen die Kinderkrankheiten zwar harmlos und ohne Spätfolgen, aber beispielsweise trat in Deutschland 2006 bei 2,2% der gemeldeten Fälle von Masern eine Lungenentzündung auf, bei 0,3% eine Gehirnentzündung und bei 0,04% eine Gehirnhautentzündung; ein Patient verstarb. Der Anteil der nicht Geimpften lag bei 89%, 5% hatten nur eine Impfung.
3. Argument: Impfungen haben oft schwere Nebenwirkungen. Antwort: Schwere Komplikationen sind sehr selten, die heutigen Impfstoffe sind sehr gut verträglich. Bleibende Schäden oder Todesfälle als gesicherte Folgen heutiger Standardimpfungen sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand unwahrscheinlich.
4. Das kindliche Immunsystem wird durch die vielen sehr frühen Impfungen (Rotaviren 6 Wochen, Sechsfachimpfung 2 Monate) überlastet. Antwort: Schon bei der Geburt wird das Kind ungleich mehr Fremdstoffen ausgesetzt als bei einer Impfung. Das Immunsystem ist darauf eingerichtet.

Professor Jilg stellte die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO 2015, im Internet z. B. auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts zu finden) für Säuglinge und Kleinkinder vor und ging auf die Bedeutung der einzelnen Impfungen näher ein. Er begrüßte die Sechsfachimpfung im Säuglingsalter, weil sich mit 11 statt 37 Stichen die Zahl der möglichen Nebenwirkungen wie Rötungen, Schwellungen, Schmerzen und Fieber reduziere. Dem Einwand aus dem Publikum, dass Eltern damit nur die Wahl zwischen allen sechs Impfungen oder keiner hätten, begegnete er mit der Information, dass es doch auch Einzelimpfstoffe oder solche mit weniger Kombinationen gebe.
Ausführlich ging er auch auf die Grippe ein, die symptomlos oder als harmlose Erkältungskrankheit verlaufen, aber auch zum Tod führen könne. Auch hier folgte er der Empfehlung der STIKO, dass sich alle Menschen über 60, Schwangere, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit chronischer Lungen-, Herz-, Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankung und Menschen in Einrichtungen mit hohem Publikumsverkehr sowie im medizinischen Bereich mit Patientenkontakt impfen lassen sollen. Er räumte allerdings ein, dass der Grippeimpfstoff, dessen Zusammensetzung jährlich längere Zeit vorher von der WHO neu bestimmt wird, so wie letztes Jahr oft nicht gut an die schließlich in der Saison auftretenden Influenzaviren angepasst ist und dann gerade bei älteren Menschen kaum wirkt.

Von Impfpflicht halte er gar nichts, sagte Professor Jilg in der Diskussion, das führe nur zu Widerstand und über den Schwellenwert für die Herdimmunisierung müsse man nicht hinauskommen. Er wie auch Dr. Werner von der Gesundheitsabteilung des Landratsamts zeigten sich weitgehend zufrieden mit dem Impfverhalten in der Region, allerdings sei die Rate bei der 2. Masernimpfung leicht unter den für die Herdenimmunität notwendigen 95%. Ähnliches gelte auch für Auffrischungsimpfungen gegen andere Infektionskrankheiten, die generell im Erwachsenenalter schwerer verlaufen als im Kindesalter. Viele Fragen gab es auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung noch im persönlichen Gespräch mit dem Experten zu klären, die er mit unvermindert großer Geduld und Aufmerksamkeit beantwortete, bevor er die Rückfahrt antreten konnte.


 

 

 

 

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